Madge Gill
1882 | in London geboren |
1961 | verstorben |
kam in einem Londoner Vorort als uneheliches Kind zur Welt. Jahrelang wurde ihre Existenz von der Mutter und der Tante geheim gehalten, die sie aufzogen. Als junges Mädchen kam sie in ein Waisenhaus und übersiedelte später nach Kanada, wo sie als Magd auf einem Bauernhof arbeitete.
Mit 19 Jahren kehrte sie nach London zurück und übte den Beruf einer Krankenschwester aus. Um 1903 wurde sie von ihrer Tante, bei der sie wohnte, in Spiritismus und Astrologie eingeweiht. Mit Fünfundzwanzig heiratete sie ihren Cousin Thomas Edwin Gill und brachte drei Söhne zur Welt, wobei der dritte tot geboren wurde. Als ihr zweites Kind 1918 an der Spanischen Grippe starb, erkrankte Madge Gill schwer und erblindete auf dem linken Auge. Ein Jahr danach fing sie an zu zeichnen, zu schreiben und zu sticken, kreierte ein Kleid von großer Raffinesse.
Geführt von ihrem Geist, den sie „Myrninerest“ nannte, zeichnete sie stets sehr schnell, im Stehen, nachts beim Schein einer Öllampe. Manchmal signierte sie ihre Werke mit dem Namen des Geistes. Als Malgrund verwendete sie Karton oder Kaliko, ein indisches Baumwollgewebe. Immer wieder skizzierte sie mit Tusche oder Kugelschreiber Frauenköpfe mit Hut vor einem architektonisch-geometrischen Hintergrund. Ihre Tuschezeichnungen reichen von Postkartengröße bis zu Papierrollen von elf Metern Länge. Zeichnen und Sticken sowie ihre Klavier-Improvisationen hielten sie am Leben. Niemals zeigten ihre Darstellungen den gesamten Körper, bloß das Gesicht in permanenter Wiederholung.
Als ihr Erstgeborener 1958 starb, hörte sie auf zu zeichnen und begann zu trinken. Da sie ihre Zeichnungen niemals verkaufte, entdeckte man nach ihrem Tod hunderte Arbeiten, die in Schränken ihrer Wohnung und unter dem Bett gestapelt waren.