Michel Nedjar
1947 | in Soisy-sous Montmonrency bei Paris geboren |
Lebt und arbeitet in Paris |
ist der Sohn eines jüdischen Schneiders aus Algerien. Obwohl Buben nicht mit Puppen spielen durften, schuf Nedjar schon als Kind mit viel Geschick und Begabung aus Resten und kaputtgegangenen Zelluloidpuppen seiner Schwestern seine eigenen Puppen. Gegen die Schule und das Lernen lehnte er sich auf, viel lieber zeichnete er. Mit 14 Jahren begann er eine Schneiderlehre, arbeitete in einem Bekleidungshaus und besuchte später eine Schule für Modedesign, lernte das Modezeichnen.
1969 begegnete er dem mexikanischen Experimentalfilmer Téo Hernandez, mit dem er ausgedehnte Reisen unternahm: durch Europa und Marokko, später durch Asien, die Türkei, Afghanistan, den Iran, Indien und Mexiko, wo er 18 Monate verbrachte. Nach Paris zurückgekehrt, entstanden 1976 seine ersten Pupées: verletzt wirkende Fetisch-Figuren aus Abfallmaterial. In den 1980er Jahren konzentriert er sich auf das Zeichnen und Malen, arbeitet zumeist in Serien, bis das Thema für ihn ausgereizt ist: maskenartige Gesichter, Körper oder Tiere. Sie erwecken den Eindruck, als wären sie Zeugen aus einer Vor-Geschichte, gleichsam Urbilder eines gemeinsamen Unterbewusstseins.
Michel Nedjar begegnete 1979 Jean Dubuffet, der einige Arbeiten für die Collection de l’Art Brut in Lausanne erwarb.
Michel Nedjar arbeitet rasch, ohne Ausbesserungen, Korrekturen oder Überarbeitungen, weshalb er sich eine entstandene Arbeit, sobald er sie fertiggestellt erachtet, nicht noch einmal vornimmt. Er legt sie zur Seite und betrachtet sie erst wieder, wenn sie für eine Ausstellung ausgewählt wird. Seine Werke entstehen aus einem inneren Zwang, vergleichbar mit einem Trancezustand. Bevorzugt verwendet er gefundene Materialien, Kuverts oder Kartonreste, auf denen er nicht nur malt, zeichnet und kratzt, oftmals setzt der gelernte Schneider das Bügeleisen oder die Nähmaschine ein, um dem Bild einen besonderen Charakter zu verleihen. Aus einem undeutlichen Geflecht, einem unentwirrbaren Dickicht lösen sich Figuren, die einander überlagern und gleichsam einander hervorbringen, sodass uns eine unerschöpfliche Fülle entgegentritt.